Eine Wohnung wie eine begehbare Skulptur

Ein Gang durch das Agnesviertel in Köln ist wie eine kleine Zeitreise: Viele der Straßenzüge im Norden der Stadt sind geprägt durch Gebäude, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet worden sind. Beim Anblick der oftmals denkmalgeschützten Fassaden lässt sich kaum erahnen, welche architektonischen Besonderheiten sich im Inneren verbergen – und wie kontrastreich das Zusammenspiel aus der historischen Außenhülle mit einem modern gestalteten Innenraum sein kann.

Ein gelungenes Beispiel für ein solches Spiel mit Gegensätzen ist die moderne Maisonette-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus aus der Zeit der Jahrhundertwende. Das 1906 errichtete Gebäude wurde in den vergangenen Jahren kernsaniert. Das ursprüngliche Dach wurde nach strengen Vorgaben des Denkmalschutzes um ein weiteres Geschoss aufgestockt. Darunter befindet sich die Wohnung, deren grundsätzliche Idee der Bauherr so beschreibt: „Es soll eigentlich weniger eine Wohnung als vielmehr eine begehbare Skulptur sein.“ Umgesetzt hat er seine Vorstellungen mit dem Kölner Architekturbüro Bachmann Badie und der Tischlerei Korr aus Aachen. „Zielsetzung war die Schaffung einer Architektur, in der Volumen, Farben, Materialien und Licht ein äußerst qualitätvolles und spannendes Raumgefüge schaffen.“

„Wenn man die Türen öffnet, geht die Sonne auf.“

Ein perfektes Orange
Das Thema Farbe spielt beispielsweise in der Küche eine wichtige Rolle: Diese ist in eine durch Dachschrägen eingefasste Nische perfekt eingepasst und lässt sich bei Nicht-Gebrauch verschließen, sodass nur die mattschwarzen, grifflosen Fronten zu sehen sind. Diese bilden eine cleane, ruhige Fläche und sorgen zusammen mit dem ebenfalls in mattschwarz gehaltenen Küchenblock dafür, dass der Küchenbereich nahezu unscheinbar wirkt. Anders sieht es jedoch aus, wenn die Fronten das Innere der Küchenzeile freigeben. „Wenn man die Türen öffnet, geht die Sonne auf“, beschreibt es der Kölner begeistert. Die Arbeitsfläche, die Rück- und Seitenwände sowie die Decke des Ausschnitts sind in einem strahlenden Orange gehalten. „Es war gar nicht so leicht, eine Oberfläche mit diesem Farbton zu finden“, berichtet der Bauherr von seiner gemeinsamen Suche mit der Tischlerei. „Das allerletzte Muster hat gepasst. 50 Prozent Gelb, 50 Prozent Rot – ein perfektes Orange.“ Ein ausgeklügelter Mechanismus sorgt dafür, dass die Falttüren in geöffnetem Zustand rechts und links neben der Arbeitsfläche verschwinden.

Ein grüner „Wasserfall“
Gegenüber der Küche befindet sich ein weiteres zentrales Element und der hauptsächliche Blickfang der Wohnung: eine Pflanzenstele, die sich über beide Stockwerke der Wohnung erstreckt. Fast wirkt es so als würden die in ihr befindlichen Pflanzen einen grünen Wasserfall bilden. Die Stele selbst besteht aus einer mit schwarzem Filz bespannten Holzkonstruktion mit abgerundeten Ecken. Die Pflanzen ruhen in Taschen, die ebenfalls aus Filz gefertigt sind und eine einfache Bewässerung ermöglichen. Die Stele ist jedoch nicht nur ein optisches und atmosphärisches Highlight: In die Konstruktion wurde auch ein Technikschrank und die Klimaanlange für die obere Etage unsichtbar integriert.

Drei versteckte Türen
Dieses Prinzip von versteckten Elementen findet man auch im Eingangsbereich der Wohnung. Direkt neben der Eingangstür erstreckt sich über mehrere Meter eine Wand mit Paneelen aus filigranen Fichtenlamellen. Nur auf den zweiten oder dritten Blick erkennt man die drei Türausschnitte, die in die Lamellen eingelassen sind. Hinter diesen drei Türen verbergen sich eine Garderobennische, das Gäste-WC und der Sicherungskasten. „Für mich war es wichtig, die Zugänge so unsichtbar wie möglich zu integrieren“, so der Bauherr.

Holz und Beton
Die Lamellen aus Fichtenholz sowie auch das Eichenparkett im Wohnbereich bilden einen natürlichen Kontrast zu den großen Sichtbetonflächen. So wurden die Zwischendecke und Teile der Wände bewusst nicht verputzt und in ihrem rohen Zustand belassen. Die Sichtbetonwände erstrecken sich – ebenso wie die Pflanzenstele – über beide Etagen der Wohnung und verbinden sie so zu einer geometrischen Einheit. Das Credo des schnörkellosen und minimalistischen Ansatzes spiegelt sich dann auch bei dem etagenverbindenden Element wider: Die Stufen der Kragtreppe bestehen aus weiß lackierten Stahlblechen, die in die Sichtbetonwand eingespannt sind.

In der oberen Etage tauchen viele der Elemente aus dem unteren Wohnbereich wieder auf: Teile der Wände sind mit den gleichen Fichtenlamellen verkleidet. Der große Waschtisch im Badezimmer greift die Farbe Orange als Akzent ebenso auf wie die einzelnen Schiebeelemente, die bei Bedarf zur Abtrennung privater Wohnbereiche zum Einsatz kommen. „Auf Türen habe ich zugunsten maximaler Sichtbeziehungen innerhalb der Wohnung fast vollständig verzichtet“, sagt der Kölner. „Mir ist eine luftige Raumaufteilung sehr wichtig. Alles soll wie aus einem Guss wirken.“

Umsetzung der Tischlerarbeiten:
Korr Gmbh, Aachen
www.tischlerei-korr.de

Bilder: Korr GmbH