Spannendes Möbeldesign überzeugt die Jury

Alexander Jungbluth gewinnt mit seiner Buchsäule den Wettbewerb „Die Gute Form – Tischler gestalten ihr Gesellenstück“ 2021 in NRW

Alexander Cedric Jungbluth hat für sein Gesellenstück einen – im wahrsten Sinne des Wortes – spannenden Gestaltungsansatz gewählt: Seine Buchsäule besteht aus dünnem, mit Nussbaum furnierten Sperrholz, das sich durch zwei geknöpfte Ledergurte unter Spannung gegen einige Böden aus Kernleder beweglich und doch stabil zu einem Regal verbindet. Für diesen ungewöhnlichen wie auch innovativen Ansatz zeichnete die Jury den jungen Tischler aus Mönchengladbach beim Landeswettbewerb „Die Gute Form 2021“ mit dem ersten Preis aus.

Insgesamt waren in diesem Jahr 42 Gesellinnen und Gesellen mit ihren Stücken bei dem Wettbewerb auf Landesebene vertreten. Ausgestellt wurden die Möbel Mitte November auf dem Stand des Fachverbandes Tischler NRW im Rahmen der Messe „Mode Heim Handwerk“ in Essen.

Schubkästen erinnern an Buchrücken
Den beabsichtigten Gebrauch seines Möbels als Bücherregal hat Alexander Cedric Jungbluth, der seine Ausbildung bei der Tischlerei Reichenberg-Weiss in Neukirchen-Vluyn absolviert hat, in die Gestaltung einfließen lassen: Zwei der eingespannten Böden tragen kleine Schubkästen. Deren mit Leder belegte Vorderstücke sind in Anlehnung an einen Buchrücken konvex geformt. Die konkaven Rückseiten aus Holz erinnern an den Seitenschnitt eines Buches. „Ich habe im Vorfeld einige Modelle gebaut und mit der Spannung experimentiert, damit die Konstruktion hinterher nicht bricht“, sagt der junge Geselle. Neben den gestalterischen Details lobte die Jury vor allem das harmonische Zusammenspiel der farblich dezent angeglichenen und dennoch leicht abgestuften Oberflächen aus Holz und Leder.

Platz 2 für eine filigrane Furnierarbeit
„Tegumentum“ – Franca Hahn hat ihr Gesellenstück nach dem lateinischen Begriff für „Schutz und Abdeckung“ benannt. Die junge Tischlerin aus Würselen (Ausbildungsbetrieb: Schreinerei Mainz, Aachen) hat eine künstlerisch anmutende, schmale Stele gefertigt, die aus einem mit Aquarellpapier beschichteten, offenen Sockel und einem Aufsatz besteht, der mit kunstvoll gefügtem Furnier aus Ahorn und Nussbaum belegt ist. Dieser Aufsatz ist durch einen verdeckten Seilzug stufenlos und selbsthaltend in der Höhe verschiebbar und öffnet so ein kleines Fach. „Ich wollte ein Möbel bauen, in dem man ein besonderes, persönliches Objekt aufbewahren kann“, sagt Franca Hahn. „Das Möbel hat durch seine Bauform, die geheimnisvolle Öffnungsfunktion und seine besondere Materialanmutung einen Objektcharakter, der die Gebrauchsfunktion in den Hintergrund treten lässt“, heißt es im Urteil der Jury. „Man kann an die diskrete Aufbewahrung von Schmuck oder anderer kleinerer Objekte denken, die erst auf den zweiten Blick zu sehen sein sollen.“

Platz 3: ein Schwarm aus Ornamenten
Auf dem dritten Platz landete Luisa Kiel aus Minden mit ihrem Gesellenstück „Der Schwarm“. Das Highboard hat die junge Tischlergesellin (Ausbildungsbetrieb: Möbeltischlerei Fabry, Hille) auf ein spitz zulaufend gestaltetes Gestell aus massivem Nussbaum gesetzt, das den aufliegenden, schlichten Korpus auch seitlich einfasst. Ein besonderes Gestaltungselement bilden die stilisierten Vögel, die auf dem blaugrau lackierten Korpus drapiert sind – die dunkel abgesetzten dienen als Griff. „Öffnet man die Türen, entwickelt sich der Innenraum so schön wie es das Äußere verspricht“, urteilt die Jury. „Zwei flache Schubkästen aus Nussbaum sind oben mit einer Kerbschnitzarbeit verziert, die die Tischlerarbeit wirkungsvoll mit einem sehr persönlichen Akzent bereichert und die Herkunft des kleinen Schwarms auf der Front erklärt, der das Schnitzornament als Positivform abbildet. Das Möbel zeigt ein reizvolles Zusammenspiel schlichter Formen und dekorativer Elemente.“

„Klangwelle“ gewinnt den Publikumspreis

Erstmals hat der Fachverband Tischler NRW in diesem Jahr auch einen Publikumspreis ausgelobt. Die Besucherinnen und Besucher der Messe Mode Heim Handwerk konnten aus den 42 ausgestellten Stücken ihren Favoriten auswählen. Die meisten Stimmen erhielt die „Klangwelle“ von Yven Trossen (Ausbildungsbetrieb: Schreinerei Buchal & Krings, Köln). In sein um 360 Grad schwenkbares Möbel hat der junge Tischlergeselle einen Plattenspieler, einen CD-Player und ein Radio eingebaut, die sich per Bluetooth mit dem ebenfalls integrierten Lautsprecher verbinden lassen. Außerdem bietet die „Klangwelle“ Platz für 64 Schallplatten und 48 CDs. Der Publikumspreis ist mit 400 Euro dotiert.

Drei Belobigungen
Neben den drei Siegern zeichnete die Jury drei weitere Stücke mit Belobigungen aus: Eine Belobigung erhielt Eric Kraft (Ausbildungsbetrieb: Tischlerei Reichenberg-Weiss, Neukirchen-Vluyn) für sein Objektmöbel aus sehr dünnem HPL-Richlite. Die Grundstruktur wird durch eine umlaufende, vertikale Bespannung aus elastischen Schnüren eingefasst. Durch diese durchlässige, fast transparente Hülle, lassen sich Gegenstände im Möbel platzieren. Eine weitere Belobigung ging an Paul Theodor Bolzen (Ausbildungsbetrieb: Mantz Gmbh & Co. KG, Mönchengladbach) für sein Sideboard aus Eiche und MDF. Die Gestaltung des Möbels ist einem Holzstapel nachempfunden, der von Gurten zusammengespannt wird. Der Stauraum wird außen jeweils durch Schubkästen erschlossen und in der Mitte durch eine Klappe. „Ein feingliedriges Möbel mit eleganten Proportionen“, lobt die Jury. Ebenso eine Belobigung erhielt Lea Franziska Bersch (Ausbildungsbetrieb: Metrica GmbH & Co. KG, Senden) für ihr Aufbewahrungsmöbel „Naturspiel“ aus MDF, Eiche und Räuchereiche. Aus Furnierlagen geformte Bögen, die stilisierten Gräsern ähneln, bündeln sich über Eck zu filigranen Stollen. Ein Teilstück eines Bogens ist herausnehmbar und dient durch den eingelassenen Magneten als Griff. „Eine sehr gelungene Umsetzung der beliebten, unsichtbar magnethaltenden Grifflösung“, so die Jury.

Zwei Stücke mit Chancen beim Bundeswettbewerb
Experimentieren, kreatives Potenzial fördern und fordern – das ist das Ziel des Gestaltungswettbewerbes „Die Gute Form“. Seit fast 35 Jahren zeigt das Tischlerhandwerk in NRW mit dem Wettbewerb und einer Ausstellung der prämierten Gesellenstücke, wie gestalterisch begabt die Nachwuchskräfte sind. Die drei Sieger dürfen sich über Geldpreise in Höhe von 750, 600 und 500 Euro freuen. Die Siegerstücke auf Platz 1 und 2 werden zudem im nächsten Jahr beim Bundeswettbewerb an den Start gehen.

Alle Stücke des diesjährigen Landeswettbewerbs gibt es unter:
www.tischler.nrw/dgf-2021



„Die Gute Form 2021 NRW“ – Die Jury
Judith Reitz
Professorin für Innenarchitektur und Grundlagen des Entwerfens, Hochschule PBSA Düsseldorf


Gritt Bartels
Bartels & Klang GbR Innenarchitektur, Gelsenkirchen

Johannes Niestrath
Redakteur der Fachzeitschrift dds, Leinfelden-Echterdingen

Benjamin Krause
Tischlerei Büchau & Krause GbR, Köln

Hans Christoph Bittner
Formgebungsberater Tischler NRW, Dortmund


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Drei Siegerstücke, drei Belobigungen, ein Publikumspreis: Paul Theodor Bolzen, Yven Trossen, Luisa Kiel, Alexander Cedric Jungbluth, Franca Hahn, Eric Kraft und Lea Franziska Bersch (v.l.).

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Platz 1: Nussbaum und Kernleder hat Alexander Cedric Jungbluth zu seiner „Spannenden Buchsäule“ verarbeitet.

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Für ihr Objektmöbel „Tegumentum“ zeichnete die Jury Franca Hahn mit dem zweiten Preis aus.

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Ihr Highboard hat Luisa Kiel „Der Schwarm“ getauft. Von der Jury erhielt die junge Tischlerin für ihr Gesellenstück den dritten Preis.

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Publikumspreis: Die „Klangwelle“ von Yven Trossen hat die Besucherinnen und Besucher der Landesausstellung am meisten überzeugt.

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Eine Belobigung vergab die Jury an Lea Franziska Bersch für ihr „Naturspiel“.

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Eine Belobigung gab es von der Jury für das Gesellenstück von Paul Theodor Bolzen, das einem Holzstapel nachempfunden ist.

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Aus Gummibändern und Richlite hat Eric Kraft ein filigranes, aber dennoch stabiles Regal konstruiert. Die Jury zeichnete ihn dafür mit einer Belobigung aus.

Bilder: Bettina Engel-Albustin