„Die Gute Form 2024“ in NRW: Bestleistung mit Blüte


Mit seinem Gesellenstück „Kukka“ hat Finn Goerke einen wahren Hingucker gebaut: Der 21-Jährige aus Radevormwald hat ein elegantes Hängeboard symbiotisch mit einer filigranen Leuchte kombiniert. Beim diesjährigen Landeswettbewerb „Die Gute Form“ zeichnete die Jury den Nachwuchstischler, der seine Ausbildung in der Tischlerei Maik Niedrau in Radevormwald absolviert hat, für sein Abschlussstück mit dem ersten Preis aus.



Die Jury hat alle Stücke des Landeswettbewerbs genau unter die Lupe genommen und diese intensiv diskutiert.

Insgesamt waren in diesem Jahr 46 Gesellinnen und Gesellen mit ihren Stücken bei dem Wettbewerb auf Landesebene vertreten. Ausgestellt wurden die Möbel Mitte November auf dem Stand des Fachverbandes Tischler NRW im Rahmen der Messe „MHH Erlebniswelten“ in Essen.

Poetische Magie des Lichts
„Auf bezaubernde Weise wird mit diesem Stück die poetische Magie des Lichts auf die Bühne gestellt“, heißt es im Urteil der Jury zu Finn Goerkes Gesellenstück. Der Name „Kukka“ leitet sich aus dem finnischen Begriff für Blume bzw. Blüte ab. Wie eine Blume scheint die Leuchte mit ihren filigranen, mit LED-Streifen gefüllten Holzringen aus der Ablagefläche herauszuwachsen. Licht, Metall, Textilien, Kunststoff, Weißtanne und Lack: „Erstaunlich viele Materialien werden virtuos integriert und zu einem überzeugenden Ganzen komponiert“, resümiert die Jury und lobt vor allem auch das haptische Erlebnis im Umgang mit dem Gesellenstück: „Die mit dünnem Filz unterfütterte Textilbespannung, die auch den Innenraum um den Schubkasten herum auskleidet, spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle – genauso wie der unterseitige, analoge Drehregler für das Licht. Die technischen Herausforderungen werden dezent im Hintergrund gehalten und offenbaren sich nur dem, der genau hinschaut.“

Mit minimalistischer Gestaltung auf Platz 2
Massive Esche, Eschenfurnier, durchgefärbtes MDF und Stahl hat Christoph Kaluza zu einem minimalistischen, aber dennoch raffinierten Sideboard kombiniert. Der 21-Jährige, der in der Tischlerei Legno in Krefeld ausgebildet wurde, erhielt dafür von der Jury den zweiten Preis bei der „Guten Form“ in NRW 2024. Der Quader aus hellem Eschenholz wird von zwei nach innen geneigten Seitenwangen aus Stahlblech getragen. „In der Ausformulierung der minimalistischen Gestaltung ist das Möbel fehlerlos“, urteilt die Jury. „Von den treffend ausgewählten Scharnieren, über die akzentuierende Konstruktionsfuge, den Farbkontrast der hellgrauen Valchromat-Kanten zum leicht pigmentiert lackierten Eschenholz bis zu den nach innen geneigten Schubkastenseiten, die den Seitenwangen folgen.“

Platz 3 für eine experimentelle „Spannende Säule“
Auf den dritten Platz wählte die Jury das Gesellenstück von Thomas Schott, der seine Ausbildung in der Tischlerei Reichenberg-Weiss in Neukirchen-Vluyn erfolgreich beendet hat. „Dieses Gesellenstück ist ein Experiment – ein Versuch, wie weit der Begriff Gesellenstück eigentlich ausgelegt werden kann“, so die Jury. Bei seiner „Spannenden Säule“ hat Thomas Schott gewöhnliche Packbänder verwendet, um die Seitenwangen aus MDF zusammenzuhalten. „Ganz präzise gesetzt werden sie zum gestalterischen Element des Entwurfs“, befindet die Jury. „Die daraus entstehende Verfremdung ist Teil des Konzepts. Umso kostbarer wirkt der kleine Auszug aus Nussbaum, der sich hinter einer Front aus Zinkblech verbirgt.“



Jury vergibt drei Belobigungen
Neben den Siegerstücken zeichnete die Jury drei weitere Gesellenstücke mit einer Belobigung aus. Die erste erhielt Franziska Hörster (Ausbildungsbetrieb: Heinz Holtmann GmbH & Co. KG, Beckum) für ihren Schminktisch aus Weißtanne, MDF und Ahorn. „Schmale, vertikale Leisten prägen die umlaufende Front des Stücks. Das fein dimensionierte Gestell aus Metall zeichnet auf dem Boden die beiden Halbkreise der Grundform nach – ein Detail, das gestalterische Geste und Statik vereint“, lobt die Jury. Eine weitere Belobigung ging an Anton Isenmann (Schreinerei Fischbach GmbH & Co. KG, Heiligenhaus), der als Gesellenstück eine Hängekommode aus Nussbaum gefertigt hat. „Die Front legt sich formschlüssig wie eine schützende Hülle scheinbar nahtlos um die Konstruktionsböden herum. Mit erstaunlicher Leichtigkeit öffnen die halbrunden Schalen der beiden Enden als Tür und machen den Innenraum zusammen mit den Auszügen in der Mitte vollständig zugänglich“, so die Jury. Ebenfalls mit einer Belobigung ausgezeichnet wurde das Säulenmöbel „Reuleaux“ von Noah Niggemeier (Tischlerei Freiformat, Dortmund). Mineralwerkstoff, Valchromat, Ahorn und knallbunten Stoff hat er zu einer Säule aus vier Elementen kombiniert. Zwischen den Böden eines Moduls bilden je drei Rollladenschiebetüren die umschließende Hülle. „Die Dynamik der drehbaren Elemente trifft ungebremst auf das bunte Farbenspiel“, sagt die Jury. „Ganz handwerklich aus Holz gearbeitete Einsätze dienen der flexiblen Nutzung des Innenraums.“

Gebogenes Konsolenmöbel gewinnt den Publikumspreis
Die Besucherinnen und Besucher der Messe Mode Heim Handwerk hatten auch in diesem Jahr wieder die Möglichkeit, aus den 46 ausgestellten Stücken ihren Favoriten auszuwählen. Die meisten Stimmen erhielt das Gesellenstück von Stanley Kühne, der seine Ausbildung bei der Schreinerei Dietmar Holtwick in Solingen abgeschlossen hat. Aus Nussbaum, Ahorn und Rüster hat er ein gebogenes Konsolenmöbel im Retro-Style gefertigt. Als Gewinner des Publikumspreises darf der Nachwuchstischler sich über 400 Euro freuen.

Zwei Stücke mit Chancen beim Bundeswettbewerb
Der Bau des Gesellenstücks ist der herausfordernde Abschluss der Ausbildung zum Tischler und zur Tischlerin. Dabei kreatives Potenzial zu fördern und zu fordern – das ist das Ziel des Gestaltungswettbewerbes „Die Gute Form“. Seit über 35 Jahren zeigt das Tischlerhandwerk in NRW mit dem Wettbewerb und einer Ausstellung der prämierten Gesellenstücke, wie gestalterisch begabt die Nachwuchskräfte sind. Die drei Sieger dürfen sich über Geldpreise in Höhe von 750, 600 und 500 Euro freuen. Die Stücke von Finn Goerke und Christoph Kaluza werden zudem im nächsten Jahr beim Bundeswettbewerb im Rahmen der Messe Ligna in Hannover den Start gehen.



„Die Gute Form 2024 NRW“ – Die Jury

Agnes Morguet
Innenarchitektin, Schreinerin, Interior Art & Design
Wuppertal

Lisa Kennel
Handwerksdesignerin, Tischlermeisterin
Aachen

Jochen Knorr
Innenarchitekt, Werkstätten Knorr
Wuppertal

Heinz Fink
Gestalter, Schreinermeister, Redakteur BM
Leinfelden-Echterdingen

Hans Christoph Bittner
Gestaltungsberater Tischler NRW
Dortmund